Community Organizing in Deutschland

Von Michael Rothschuh

Community Organizing wurde während des Aufbaus der Fachhochschulausbildung zur Sozialarbeit als radikaler Teil der Gemeinwesenarbeit angesehen. Alinsky wurde dabei oft als Sozialist oder Marxist missverstanden. Einen Neuansatz zum Verständnis gab es in den 1990er Jahren: Wie meistens im Community Organizing fing es an mit Ärger und mit Lust; mit dem Ärger von vier Studierenden über die Ausbildung in der Gemeinwesenarbeit und mit der Lust, etwas zu verändern. Marion Mohrlok, Rainer und Michaela Neubauer und Walter Schönfelder aus Freiburg nahmen sich vor, Geschichte, Theorie, Praxis und Ausbildung von Gemeinwesenarbeit und dem amerikanischen Community Organizing zu vergleichen und machten sich dafür auf den Weg nach Chicago. Nach viermonatigen Gesprächen, Beobachtungen und Forschungen schrieben sie ihre Diplomarbeit, aus der schnell ein Buch wurde: „Let´s organize!“ (1993). Bei Tagungen wie der Werkstatt Gemeinwesenarbeit im Burkhardhaus machten sie andere neugierig; nächste Schritte waren Trainings zum Community Organizing, für die Ed Shurna aus Chicago und Don Elmer aus San Francisco anreisten und eine Gruppenreise 1995, aus der wiederum ein Buch entstand: „Forward to the Roots“ (1996).

Forum Communiy Organizing – foco.e.V.

Die Gruppe bildete sich vor 30 Jahren als eingetragener und gemeinnütziger Verein, als foco e.V. , das Forum Community Organizing. Ein Rundbrief erschien, Trainingsangebote wurden entwickelt, Tagungen durchgeführt, eine Website www.fo-co.info eingerichtet.

Foco hatte sich zum Ziel gesetzt, Diskussionen zum Community Organizing anzustoßen, Training anzubieten und Menschen in der Entwicklung von Community Organizing in ihrer bestehenden bezahlten oder nicht bezahlten Arbeit sowie in neuen Projekten zu unterstützen. Seit 2004 ist der amerikanische Organizer Rev. Paul Cromwell in Deutschland und arbeitet mit foco zusammen an einer möglichen Stärkung des Community-Organizing Ansatzes in Deutschland. Gemeinsam mit einem ausgebildeten Trainer*innenteam besucht er die Mitglieder an ihren Orten und unterstützt sie bei Kampagnen und Projekten, bietet Trainings und Beratung an. Paul Cromwell ist mit FOCO e.V. auch wesentlich beteiligt beim Aufbau eines European Community Organizing Network, www.organizeeurope.org.

Zum foco-Netzwerk gehören Projekten in Deutschland, die seit 2007 unter Beratung von Paul Cromwell mehr und mehr Elemente des Community Organizing in ihre Arbeit einbeziehen.
Ein Beispiel ist Community Organizing in Uslar.

In loser Verbindung zu foco steht auch die Bürgerbewegung in Hamburg Wilhelmsburg, in der CO-Elemente zu finden sind.
Bericht „Vom Fall zum Feld„.

Das Deutsche Institut für Community Organizing – DICO

Leo Penta ist 1997 aus den USA als Gastprofessor an die Kath. Hochschule Berlin gekommen und hat zunächst einzelne Projekte des CO in in Berlin und Hamburg aufgebaut und dann das Deutsche Institut für Community Organizing DICO gegründet. Seinen Ansatz hat er u.a. in Aufsätzen seines Buches (Penta, 2007) dargestellt. Für Community Organizing hat er den deutschen Begriff „Bürgerplattform“ gesetzt. Für den Aufbau von Bürgerplattformen beschreibt er drei Stufen (Penta, 2007: S.219-223):

1.    Phase: Sondierung und Aufbau von Beziehungen
2.    Phase: Der Gründungskreis
3.    Entstehen der selbstständigen Bürgerorganisation

Diese Organisation ist dann die Basis für öffentliche Aktionen zu zuvor ermittelten Themen.

DICO ist sehr erfolgreich in der Gewinnung von Ressourcen und der öffentlichen Darstellung, wie sich in der 2010 erfolgten Gründung des Fördernetzwerkes zur Unterstützung der Arbeit von DICO zeigt.
Bürgerplattformen entstanden bisher in Berlin: OberschöneweideWedding-Moabit und Neukölln.

Gewerkschaftliches Organizing

Wieder neu entwickelt hat sich der gewerkschaftlich Ansatz des Organizing, der bisher nur lose mit dem Community Organizing verknüpft ist (vgl. Bremme .a., 2007)